Vertretung eines Erwachsenen – ein Überblick über das Erwachsenenschutzgesetz
In schwierigen Lebensphasen, in denen man über wichtige Entscheidungen wie medizinische Maßnahmen, Wechsel des Wohnortes oder finanzielle Belange nicht mehr selbst entscheiden kann, ist vom Gericht als „ultima ratio“, also wenn die betroffene Person keinen Vertreter hat, ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter (frühere Bezeichnung: „Sachwalter“) zu bestellen.
Alternativ können aber auch bereits im Vorhinein Verfügungen getroffen werden, die diese Vertretungsmöglichkeit regeln. Damit kann die Bestellung einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung vermieden werden.
Das österreichische Erwachsenenschutzgesetz besteht aus vier „Säulen“:
1. Vorsorgevollmacht
2. Gewählte Erwachsenenvertretung
3. Gesetzliche Erwachsenenvertretung
4. Gerichtliche Erwachsenenvertretung
1. Vorsorgevollmacht:
Mit einer Vorsorgevollmacht kann man im Vorhinein, bei voller Geschäftsfähigkeit, einen Vertreter für den Verlust der Entscheidungsfähigkeit bestimmen. Die Vorsorgevollmacht ist vor einem Rechtsanwalt oder einem Notar schriftlich und höchstpersönlich zu errichten. Der Vollmachtgeber ist ausführlich über sämtliche Rechtsfolgen aufzuklären.
Die Vorsorgevollmacht ist im österreichischen zentralen Vertretungsverzeichnis zu registrieren. In diesem Verzeichnis ist dann auch im Falle des Wirksamwerdens der Vorsorgevollmacht, also in dem Falle, dass der Vollmachtgeber die Entscheidungsunfähigkeit dann später verliert, das Wirksamwerden der Vorsorgevollmacht einzutragen. Voraussetzung für die Aktivierung der Vorsorgevollmacht ist ein ärztliches Zeugnis, das bestätigt, dass der Vollmachtgeher nunmehr geschäftsunfähig ist.
Ist die Vorsorgevollmacht „aktiv“, kann der Vollmachtnehmer den Vollmachtgeber umfassend vertreten. Eine gerichtliche Kontrolle ist grundsätzlich nicht vorgesehen.
2. Gewählte Erwachsenenvertretung:
Es kommt aber auch regelmäßig vor, dass erst an eine Vorsorgevollmacht gedacht wird, wenn die betroffene Person nicht mehr voll entscheidungsfähig ist und somit keine Vorsorgevollmacht mehr errichtet werden kann. Dann kommt eine sogenannte „gewählte Erwachsenenvertretung“ in Betracht, die dem Betroffenen trotz abgeschwächter Entscheidungsfähigkeit ermöglicht, einen Vertreter zu bestellen. Sie ist einfacher gefasst und ermöglicht daher auch Menschen mit beeinträchtigter Entscheidungsfähigkeit, ihren Vertreter selbst auszuwählen. Die gewählte Erwachsenenvertretung wird ebenfalls in das Vertretungsverzeichnis eingetragen.
3. Gesetzliche Erwachsenenvertretung:
Nur dann, wenn aufgrund gänzlicher Entscheidungsunfähigkeit weder eine Vorsorgevollmacht noch eine gewählte Erwachsenenvertretung errichtet werden kann, kommt die gesetzliche Erwachsenenvertretung in Frage. Damit können nächste Angehörige, wie beispielsweise Eltern, Kinder, Ehegatten und Geschwister diverse Rechtsgeschäfte als Vertreter ausführen.
Man benötigt die Bestätigung über die Geschäftsunfähigkeit und den Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses, um die gesetzliche Erwachsenenvertretung in das Vertretungsregister einzutragen. Da der Betroffene hier nicht mehr aktiv mitwirkt, gibt es gewisse Kontrollbefugnisse des Gerichts.
4. Gerichtliche Erwachsenenvertretung
Im Falle einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung bestellt das Gericht auf Anregung oft Angehörige, die aber dann die Formalitäten eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters wie Berichte an das Gericht zu bearbeiten haben. Oft konkurrieren auch die Wünsche mehrerer Angehöriger, einen Betroffenen als gerichtlicher Erwachsenenvertreter zu vertreten. In diesen Fällen wird dann oft ein dem Betroffenen nicht bekannter Notar, Anwalt oder eine Institution als Vertreter bestellt. Der Nachteil solch einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung liegt darin, dass eine persönliche Betreuung aus Kapazitätsgründen meist nur schwer möglich ist.
Um eine gerichtliche Erwachsenenvertretung zu vermeiden und selbst zu entscheiden, wer als Vertreter handeln soll, ist es sohin anzuraten eine Vollmachtsregelung im Vorhinein zu treffen, die sicherstellt, dass die Vertretung von einer vertrauten Person durchgeführt sind und alle Erfordernisse für die rasche Umsetzung im Notfall auch im Vorhinein durchbesprochen werden. So ist der Vollmachtnehmer für den Ernstfall bereits vorbereitet.
Patientenverfügung und Erwachsenenvertretung